Es
ist schon merkwürdig: Da prahlt so ein Eidgenosse damit,
Genforscher zu
sein, im gleichen Atemzug beschwert sich dieser lautstark, daß
"Genforscher
keine Freundin kriegen". Die Lösung des Problems -
von Guz im gewohnt
pseudo-naivem Textgewand serviert - ist ebenso folgerichtig
wie banal.
Für Genforscher zumindest. "Selber bauen". Aber
wie ? Und so bleibt Herrn
Guz nichts anderes übrig, als in seinem Gen-, oder
besser gesagt: Klang-
labor ein feines Musikstück nach dem anderen aufzunehmen.
Und das nun
schon seit 15 Jahren. Bilanz: 11 LP's, 12 Kasetten, 15 Singles
und 40 Sam-
plerbeiträge, oder andersrum: Etwa 450 komponierte Lieder.
Da wundert es
dann auch nicht mehr, daß Herr Guz nebenbei in gleich
mehreren Bands
gleichzeitig mitmischt/mischte (u.a. Fred's Freunde, Hunchbacks,
Raum-
patrouille Rimini, seit 1991 Die Aeronauten). Keine Frage: Guz
hat sich
klammheimlich zu einem musikalischen Koloss gemausert, kann
getrost
als einer der großen Masterminds des deutschsprachigen
Undergrounds
angesehen werden. Und das liegt beileibe nicht nur an der Zahl
seiner Re-
leases ... Was sind das also für üble Tränke,
die Olivr Maurmann a.k.a. Guz
alljährlich im hauseigenen "Star Track" Studiokombinat
zusammenbraut
?
Man stelle sich das Projekt Guz als Piratenschiff,
respektive (wie im aktuel-
len Video "rollin and tumblin") umfunktioniertes Weltkrieg
II U-Boot vor und
Olivr als Kapitän, der schon seit jeher seinen ganz eigenen
Musikkosmos zu-
sammenschustert. Der ist bevölkert mit "viereckigen
Frauen, schlafenden
Füßen, sinnlos herumballernden Cowboys, Frauenfelder
Frauenhelden, Kif-
fern am See; mit Typen, die keine Freundin kriegen, am Bahnhof
rumstehen
und sich erzählen, daß ihnen nichts einfällt"
(aus den Linernotes zu "In Guz
We Trust"). Rings um das Schiff
fliegt das ein oder andere Atomkraftwerk in
die Luft und eingekehrt wird grundsätzlich nur in illegalen
Bars. Dort auf dem
Spielplan: Nicht etwa aktuelle Poptrends, sondern Boogie-Woogie,
R&B, et-
was alpenländisches Lokalkolorith, Rock'n'Roll wie Hölle
und natürlich: Reich-
lich Elektronikgetüftel. Und das alles unterlegt mit einem
vielschichtigen Text-
sammelsurium, das nicht nur von obskuren Hohlwelttheorien, Büchern
von
Paul Auster, Jules Verne oder dem Simplicissimus sowie allerlei
home-
made Phantastereien inspiriert erscheint, sondern auch von eher
klassichen
Traditional-Standards. Ja, Guz kreiert musikalische Querwelten,
denen ein
irgendwie (eher charmanter, als anstößiger) latenter
Wahnsinn innewohnt.
Nicht, daß man sich als Hörer etwa darüber muckieren
wollte, im Gegenteil:
Musikpirat Guz macht/spielt/singt/sagt das, was manch einer
von uns sogar
schon aus seinen Träumen verbannt hat. Und deshalb sind
seine Songs so
verdammt wichtig. Wer sich das akustisch illustrieren will,
höre etwa typische
Guz-Titel wie "Weltscheibe", "im Wunderland"
oder "balkon groove" aus der
"Anthologie 1984-95": Keine Songs im herkömmlichen
Sinne, vielmehr hu-
morös-apokalyptische Klang-/Textszenarien unter Einsatz
von allem, was
ein ordentliches Sortiment an diversen akustischen Instrumemten
im Ver-
bund mit einer Hammond B-3 und sonderbar gepegelten Soundmaschinen
so hergeben kann. "Die Linsen in den Topf / die Schrauben
in den Kopf",
tönt es da, und: "wir standen wieder auf unserm Balkon
/ und schauten
grade in die Wolken / dort fiel bald ein Flugzeug runter / das
nahm uns ein
Weilchen wunder / hinter der Stadt schlug es auf / durch's Fernrohr
sahen
wir den Rauch / wir schauten runter auf den Parkplatz / dort
fuhr ein teu-
res Auto vor / doch der Fahrer fand die Bremse nicht / und krachte
ins Ga-
ragentor / bumm / immer wieder geh'n wir auf den Balkon / geht
es uns
einmal schlecht / und sehen uns anderer Leute Unglück an
/ und trösten
uns an ihrem Pech" (bolkon groove).
Ohne Zweifel: Guz ist schon ein komischer
Kauz und für Underground-
Connaisseure ein absolutes Muß. Und seit seiner neuesten
EP "We Do
Wie Du" nicht nur für diese: Auf "We Do Wie Du"
finden sich nämlich v.a.
veritable Rock-Knaller (Ausrichtung Rythm'n'Blues bis Boogie-Woogie).
Anders ausgedrückt: Maurmann legt hier erstmals Titel vor,
die von An-
fang an als Bandmusik konzipiert sind (anders erklärt sich
die wunderba-
re neue Harmonie von Text und Musik wohl nicht). Aber Guz wäre
nicht
Guz, würde er seine neue Klangwelt nicht ganz besonders
intonieren.
Nicht nur, daß hier alle Instrumente "laut wie eine
Scheiße" (so Guz)
gepegelt sind. Was Maurmann mit "We Do Wie Du" präsentiert,
ist das
perfekte Retro-Album - und bei Live-Auftritten wird Maurmann
wohl nie-
mals mehr damit drohen müssen, sich mit Benzin zu übergießen
und
anzuzünden, wenn die Leute nicht sofort näher an die
Bühne kommen ...
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